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Frühlingsgedichte

Zu allen Zeiten haben Dichter die Sehnsucht nach dem Frühling sowie die Freude über sein Erscheinen besungen. Die meisten Frühlingsgedichte lassen sich unter dem Begriff der Naturlyrik zusammenfassen. Das Erwachen der Natur am Ende des Winters hat besonders die Dichter der Romantik inspiriert. Manches Frühlingsgedicht von Uhland, Eichendorff oder Mörike gehört seit jeher zum Unterrichtsstoff an deutschen Schulen. Viele dieser Werke sind von volksliedhafter Schlichtheit und bis heute beliebt. Wer kennt nicht die Zeilen »Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte« …

Abschied vom Winter – 9 Gedichte zum Vorfrühling

Der Februar ist der kürzeste Monat im Jahr, und doch wird er uns oft lang. Mit Eis und Schnee trumpft der Winter ein letztes Mal auf. Alle seufzen: Wenn doch nur endlich der Frühling käme! Dabei sind die Tage seit Weihnachten schon mehr als eine Stunde länger geworden. Die ersten Schneeglöckchen drängen ans Licht. Der Frühling ist auf dem Vormarsch.

Winter, ade!

Winter ade!
Scheiden tut weh.
Aber dein Scheiden macht,
Dass mir das Herze lacht!
Winter ade!
Scheiden tut weh.

Winter ade!
Scheiden tut weh.
Gerne vergess' ich dein,
Kannst immer ferne sein.
Winter ade!
Scheiden tut weh.

Winter ade!
Scheiden tut weh.
Gehst du nicht bald nach Haus,
Lacht dich der Kuckuck aus!
Winter ade!
Scheiden tut weh.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Sehnsucht nach dem Frühling

O wie ist es kalt geworden
und so traurig, öd' und leer!
Rauhe Winde weh'n von Norden,
und die Sonne scheint nicht mehr.

Auf die Berge möcht' ich fliegen,
möchte seh'n ein grünes Tal,
möcht' in Gras und Blumen liegen
und mich freu'n am Sonnenstrahl.

Möchte hören die Schalmeien
und der Herden Glockenklang,
möchte freuen mich im Freien
an der Vögel süßem Sang.

Schöner Frühling, komm doch wieder,
lieber Frühling, komm doch bald,
bring uns Blumen, Laub und Lieder,
schmücke wieder Feld und Wald!

Ja, du bist uns treu geblieben,
Kommst nun bald in Pracht und Glanz,
Bringst nun bald all deinen Lieben
Sang und Freude, Spiel und Tanz.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Hoffnung

Und dräut der Winter noch so sehr
Mit trotzigen Gebärden,
Und streut er Eis und Schnee umher,
Es muss d o c h Frühling werden.

Und drängen die Nebel noch so dicht
Sich vor den Blick der Sonne,
Sie wecket doch mit ihrem Licht
Einmal die Welt zur Wonne.

Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,
Mir soll darob nicht bangen,
Auf leisen Sohlen über Nacht
Kommt doch der Lenz gegangen.

Da wacht die Erde grünend auf,
Weiß nicht, wie ihr geschehen,
Und lacht in den sonnigen Himmel hinauf
Und möchte vor Lust vergehen.

Sie flicht sich blühende Kränze ins Haar
Und schmückt sich mit Rosen und Ähren
Und lässt die Brünnlein rieseln klar,
Als wären es Freudenzähren.

Drum still! Und wie es frieren mag,
O Herz, gib dich zufrieden;
Es ist ein großer Maientag
Der ganzen Welt beschieden.

Und wenn dir oft auch bangt und graut,
Als sei die Höll' auf Erden,
Nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muss d o c h Frühling werden.

Emanuel Geibel (1815–1884)
Der Frühling kommt bald

Herr Winter,
geh hinter,
der Frühling kommt bald!
Das Eis ist geschwommen,
die Blümlein sind kommen
und grün wird der Wald.

Herr Winter,
geh hinter,
dein Reich ist vorbei.
Die Vögelein alle,
mit jubelndem Schalle,
verkünden den Mai!

Christian Morgenstern (1871–1914)
Schneeglöckchen

Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Vom Himmel fiel,
Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Am zarten Stiel.
Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's
Im stillen Hain?
O komm geschwind! Im Haine läutet's
Den Frühling ein.
O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume,
Die ihr noch träumt,
All zu des Frühlings Heiligtume!
Kommt ungesäumt.

Friedrich Rückert (1788–1866)
Winters Flucht

Dem Winter wird der Tag zu lang,
Ihn schreckt der Vögel Lustgesang;
Er horcht, und hört's mit Gram und Neid,
Und was er sieht, das tut ihm leid;
Er flieht der Sonne milden Schein,
Sein eigner Schatten macht ihm Pein;

Er wandelt über grüne Saat
Und Gras und Keime früh und spat:
Wo ist mein silberweißes Kleid?
Mein Hut, mit Demantstaub beschneit?
Er schämt sich wie ein Bettelmann,
Und läuft, was er nur laufen kann.

Und hinterdrein scherzt Jung und Alt
In Luft und Wasser, Feld und Wald;
Der Kiebitz schreit, die Biene summt,
Der Kuckuck ruft, der Käfer brummt;
Doch weil's noch fehlt an Spott und Hohn,
So quakt der Frosch vor Ostern schon.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Winter Ade!

So hört doch, was die Lerche singt!
Hört, wie sie frohe Botschaft bringt!
Es kommt auf goldnem Sonnenstrahl
Der Frühling heim in unser Tal,
Er streuet bunte Blumen aus
Und bringet Freud' in jedes Haus.
Winter, ade!
Frühling, juchhe!

Was uns die liebe Lerche singt,
In unsern Herzen wiederklingt.
Der Winter sagt: ade! ade!
Und hin ist Kälte, Reif und Schnee,
Und Nebel hin und Dunkelheit –
Willkommen, süße Frühlingszeit!
Winter, ade!
Frühling, juchhe!

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Vorfrühling

Es läuft der Frühlingswind
Durch kahle Alleen,
Seltsame Dinge sind
In seinem Wehn.

Er hat sich gewiegt,
Wo Weinen war,
Und hat sich geschmiegt
In zerrüttetes Haar.

Er schüttelte nieder
Akazienblüten
Und kühlte die Glieder,
Die atmend glühten.

Lippen im Lachen
Hat er berührt,
Die weichen und wachen
Fluren durchspürt.

Er glitt durch die Flöte
Als schluchzender Schrei,
An dämmernder Röte
Flog er vorbei.

Er flog mit Schweigen
Durch flüsternde Zimmer
Und löschte im Neigen
Der Ampel Schimmer.

Es läuft der Frühlingswind
Durch kahle Alleen,
Seltsame Dinge sind
In seinem Wehn.

Durch die glatten
Kahlen Alleen
Treibt sein Wehn
Blasse Schatten.

Und den Duft,
Den er gebracht,
Von wo er gekommen
Seit gestern nacht.

Hugo von Hofmannsthal (1874–1929)

Schöner Frühling, komm doch wieder,
lieber Frühling, komm doch bald!
Bring uns Blumen, Laub und Lieder,
schmücke wieder Feld und Wald!

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)

Endlich Frühling! – 11 beliebte Frühlingsgedichte

Der Lenz ist da! Die Knospen der Forsythien öffnen sich in der Wärme. Ein milder Frühlingswind lockt vergessene Träume und Sehnsüchte hervor. Plötzlich füllen sich die Straßen mit Menschen. Vor den Cafés strecken sie ihre Gesichter der Sonne entgegen. Frühling in der Stadt. Die mehr oder weniger bekannten Naturgedichte stammen aus einer anderen Zeit. Sie erzählen vom Grünen und Blühen in Wald und Flur. Dennoch schlagen sie eine Brücke in die Gegenwart: Die Frühlingsgefühle damals und heute sind die gleichen!

Er ist's

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!

Eduard Mörike (1804–1875)
Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
»Er kam, er kam ja immer noch«,
Die Bäume nicken sich's zu.

Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuss auf Schuss;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muss.

Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.«

O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh':
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.

Theodor Fontane (1819–1898)
Frische Fahrt

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mut'ger Augen lichter Schein,
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!

Joseph von Eichendorff (1788–1857)
Lob des Frühlings

Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
Braucht es dann noch große Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag!

Ludwig Uhland (1787–1847)
Der Frühling ist da

Der Frühling hat sich eingestellt;
Wohlan, wer will ihn seh'n?
Der muß mit mir ins freie Feld,
Ins grüne Feld nun geh'n.

Er hielt im Walde sich versteckt,
Daß niemand ihn mehr sah;
Ein Vöglein hat ihn aufgeweckt;
Jetzt ist er wieder da.
 
Jetzt ist der Frühling wieder da!
Ihm, folgt, wohin er geht,
Nur lauter Freude, fern und nah,
Und lauter Spiel und Lied.

Und allen hat er, groß und klein,
Was Schönes mitgebracht,
Und sollt's auch nur ein Sträußchen sein,
Er hat an uns gedacht.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Ludwig Uhland (1787–1847)
Frühling

Als dann der Frühling im Garten stand,
Das Herz, ein seltsam Sehnen empfand,
Und die Blumen und Kräuter und jeder Baum
Wachten auf aus dem Wintertraum,
Schneeglöckchen und Veilchen hat über Nacht
Der warme Regen ans Licht gebracht,
Aus Blüten und dunkler Erde ein Duft
Durchzog wie ein sanftes Rufen die Luft.

Percy Bysshe Shelley (1792–1822)
Frühlingsgruß

Es steht ein Berg in Feuer,
In feurigem Morgenbrand,
Und auf des Berges Spitze
Ein Tannbaum überm Land.

Und auf dem höchsten Wipfel
Steh ich und schau vom Baum,
O Welt, du schöne Welt, du,
Man sieht dich vor Blüten kaum!

Joseph Freiherr von Eichendorff (1788–1857)
Märztag

Wolkenschatten fliehen über Felder,
Blau umdunstet stehen ferne Wälder.

Kraniche, die hoch die Luft durchpflügen,
Kommen schreiend an in Wanderzügen.

Lerchen steigen schon in lauten Schwärmen,
Überall ein erstes Frühlingslärmen.

Lustig flattern, Mädchen, deine Bänder;
Kurzes Glück träumt durch die weiten Länder.

Kurzes Glück schwamm mit den Wolkenmassen;
Wollt' es halten, musst' es schwimmen lassen.

Detlev von Liliencron (1844–1909)
Auf! Kinder zum Tanze

Auf! Kinder zum Tanze,
Der Frühling bricht an;
Es blühen zum Kranze
Die Veilchen heran.
Die Vögel sind munter
Und singen ein Lied;
Das Fröschlein quakt munter
Und freut sich mit.
Wisst, Kinder, dass Veilchen
Nicht lange mehr blüh'n;
Sie duften ein Weilchen,
Dann sind sie dahin.

Volksgut
Der Frühling

Die Sonne glänzt, es blühen die Gefilde,
Die Tage kommen blütenreich und milde,
Der Abend blüht hinzu, und helle Tage gehen
Vom Himmel abwärts, wo die Tag' entstehen.

Das Jahr erscheint mit seinen Zeiten
Wie eine Pracht, wo sich Feste verbreiten,
Der Menschen Tätigkeit beginnt mit neuem Ziele,
So sind die Zeichen in der Welt, der Wunder viele.

Friedrich Hölderlin (1770–1843)

Alle Vögel sind schon da! – 5 Vogel-Gedichte zum Frühling

Mit den ersten Sonnenstrahlen kommt auch das Vogelgezwitscher zurück. Oft von einem Tag auf den andern beginnt der Morgen mit munterem Vogelgesang. Amseln und Blaumeisen wetteifern darin, ihre Frühlingsbotschaft zu verkünden. Und sobald der Kuckuck schreit, ist der Frühling endgültig da! Übrigens: Wenn du den Kuckuck zum ersten Mal rufen hörst, solltest du unbedingt Geld bei dir haben. Der Volksglaube behauptet nämlich, dass sich dann das ganze Jahr hindurch Geld in deinen Taschen befinden wird.

Kuckuck, Kuckuck

Kuckuck, Kuckuck, ruft's aus dem Wald.
Lasset uns singen, tanzen und springen!
Frühling, Frühling wird es schon bald.

Kuckuck, Kuckuck lässt nicht sein Schrei'n:
»Komm in die Felder, Wiesen und Wälder!
Frühling, Frühling, stelle dich ein!«

Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held!
Was du gesungen, ist dir gelungen:
Winter, Winter räumet das Feld!

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
April

Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.

Theodor Storm (1817–1888)
Frühling

Hoch oben vor dem Eichenast
Eine bunte Meise läutet
Ein frohes Lied, ein helles Lied,
Ich weiß auch, was es bedeutet.

Es schmilzt der Schnee, es kommt das Gras,
Die Blumen werden blühen;
Es wird die ganze weite Welt
In Frühlingsfarben glühen.

Die Meise läutet den Frühling ein,
Ich hab' es schon lange vernommen;
Er ist zu mir bei Eis und Schnee
Mit Singen und Klingen gekommen.

Hermann Löns (1866–1914)
Erste Lerche

Zwischen
Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch,
beide Hände in den Taschen,
schlendere ich
durch den frühen
Märzmorgen.

Falbes Gras,
blinkende Lachen und schwarzes Brachland,
so weit ich sehen kann.

Dazwischen,
mitten in den weißen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.

Ich bleibe stehen.

Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.

Und sonnenlos
wie den Himmel
fühle ich
mein Herz.

Plötzlich - ein Klang!

Ein zager, zarter zitternder Jubel,
der,
langsam,
immer höher
steigt!

Ich suche in den Wolken.

Über mir,
wirbelnd, schwindend, flatterdrehig, flügelselig, kaum entdeckbar,
pünktchenschwarz,
schmetternd,
durch
immer heller strömendes Licht,
die
erste Lerche!

Arno Holz (1863–1929)
Alle Vögel sind schon da

Alle Vögel sind schon da,
alle Vögel, alle.
Welch ein Singen, Musizier'n,
Pfeifen, Zwitschern, Tirilier'n!
Frühling will nun einmarschier'n,
kommt mit Sang und Schalle.

Wie sie alle lustig sind,
flink und froh sich regen!
Amsel, Drossel, Fink und Star
und die ganze Vogelschar
wünschen dir ein frohes Jahr,
lauter Heil und Segen.

Was sie uns verkünden nun,
nehmen wir zu Herzen:
Wir auch wollen lustig sein,
lustig wie die Vögelein,
hier und dort, feldaus, feldein,
singen, springen, scherzen.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)

Komm' lieber Mai und mache – 5 Mai-Gedichte

Der Wonnemonat Mai gilt geradezu als Inbegriff des Frühlings. Das Lied »Der Mai ist gekommen« von Emanuel Geibel aus dem Jahr 1841 zählt zum Volksgut. Auch die Aufforderung »Komm lieber Mai, und mache« ist sehr populär. Mitunter wird bezweifelt, ob es sich dabei im Ursprung um ein Frühlingslied handelte. Da es von der Sehnsucht nach dem Frühling singt, könnte man es auch als Winterlied gelten lassen.

Am Berg wärmt die Sonne das Maiengrün

Am Berg wärmt die Sonne das Maiengrün
Und selbst der alltägliche Himmel will blüh'n.
Er wird stündlich größer und tiefer und kühn,
Zieht Bäume und Menschen zu sich hinauf.
Aller Sehnsucht fällt wie ein Schuss aus dem Lauf,
Und keiner hält mehr die Liebe auf.

Max Dauthendey (1867–1918)
Mailied

Wenig hab' ich noch empfunden
Von der werten Frühlingszeit;
All die Lust und Lieblichkeit
Hat zu mir nicht Bahn gefunden.
Ach! was soll ein Herz dabei,
Das sich so zerrissen fühlet?
Jetzt empfind’ ich erst den Mai,
Seit der Sturm in Blüten wühlet.

Ludwig Uhland (1787–1862)
Erster Mai

Erster Mai.
Alle Wiesen keimen,
Alle Vögel reimen,
Kleine Blumen scheinen,
Mädchen in lachendem Schwarm,
Tausend Sonnen warm.

Mai, du machst mich arm,
Ich muß niederknien,
In meine Hände weinen.

Max Dauthendey (1867–1918)
Im wunderschönen Monat Mai

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen

Heinrich Heine (1797–1856)
Komm, lieber Mai

Komm, lieber Mai, und mache
die Bäume wieder grün,
und lass mir an dem Bache
die kleinen Veilchen blühn!
Wie möcht ich doch so gerne
ein Veilchen wieder sehn!
Ach, lieber Mai, wie gerne
einmal spazieren gehn!

Christian Adolf Overbeck (1755–1821)

Frühlingsgefühle… – 7 Liebesgedichte

Der Frühling ist die Zeit der Liebenden. Oder die Zeit sich neu zu verlieben. Die Natur ist in Aufbruchstimmung. Um uns herum zartes Grün und fröhliche Farben, jubilierende Vögel und taumelnde Zitronenfalter. In der Luft liegt dieser ganz besondere Frühlingsduft. Alle Sinne sind hellwach und wir spüren – Frühlingsgefühle! Heine, Rilke und anderen Dichtern ist es gelungen, sie in Worte zu fassen.

Neuer Frühling

Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute –
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus, bis an das Haus,
Wo die Blumen sprießen,
Wenn Du eine Rose schaust,
Sag, ich lass sie grüßen.

Heinrich Heine (1797–1856)
Frühling

Die blauen Frühlingsaugen
Schau'n aus dem Gras hervor;
Das sind die lieben Veilchen,
Die ich zum Strauß erkor.
Ich pflücke sie und denke,
Und die Gedanken all,
Die mir im Herzen seufzen,
Singt laut die Nachtigall.
Ja, was ich denke, singt sie
Lautschmetternd, dass es schallt;
Mein zärtliches Geheimnis
Weiß schon der ganze Wald.

Heinrich Heine (1797–1856)
Will Dir den Frühling zeigen

Will Dir den Frühling zeigen
Der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
Und kommt nicht in die Stadt.

Nur die weit aus den kalten
Gassen zu zweien gehn
Und sich bei den Händen halten –
Dürfen ihn einmal sehn.

Rainer Maria Rilke (1875–1926)
Wenn's Frühling wird

Die ersten Keime sind, die zarten,
im goldnen Schimmer aufgesprossen;
schon sind die ersten der Karossen
                                    im Baumgarten.

Die Wandervögel wieder scharten
zusamm' sich an der alten Stelle,
und bald stimmt ein auch die Kapelle
                                      im Baumgarten.

Der Lenzwind plauscht in neuen Arten
die alten, wundersamen Märchen,
und draußen träumt das erste Pärchen
                                    im Baumgarten.

Rainer Maria Rilke (1875–1926)
Frühlingsnacht

Über'n Garten durch die Lüfte
Hört' ich Wandervögel zieh'n,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blüh'n.

Jauchzen möcht' ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.

Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
»Sie ist deine, sie ist dein!«

Joseph Freiherr von Eichendorff (1788–1857)
Liebe, wunderschönes Leben

Liebe, wunderschönes Leben,
Willst du wieder mich verführen,
Soll ich wieder Abschied geben
Fleissig ruhigem Studieren?

Offen stehen Fenster, Türen,
Draußen Frühlingsboten schweben,
Lerchen schwirrend sich erheben,
Echo will im Wald sich rühren.

Wohl, da hilft kein Widerstreben,
Tief im Herzen muss ich's spüren:
Liebe, wunderschönes Leben,
Wieder wirst du mich verführen!

Joseph Freiherr von Eichendorff (1788–1857)
Vöglein, wohin so schnell

Vöglein, wohin so schnell?
»Nach Norden, nach Norden!
Dort scheint die Sonne nun so hell,
Dort ist's nun Frühling worden.«

O Vöglein mit den Flügeln bunt,
Und wenn du kommst zum Lindengrund,
Zum Hause meiner Lieben,
Dann sag' ihr, dass ich Tag und Nacht
Von ihr geträumt, an sie gedacht,
Und dass ich treu geblieben.

Und die Blumen im Tal
Grüß tausend, tausend Mal!

Emanuel Geibel (1815–1884)

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Frühlingsgedichte

Zu allen Zeiten haben Dichter die Sehnsucht nach dem Frühling sowie die Freude über sein Erscheinen besungen. Die meisten Frühlingsgedichte lassen sich unter dem Begriff der Naturlyrik zusammenfassen. Das Erwachen der Natur am Ende des Winters hat besonders die Dichter der Romantik inspiriert. Manches Frühlingsgedicht von Uhland, Eichendorff oder Mörike gehört seit jeher zum Unterrichtsstoff an deutschen Schulen. Viele dieser Werke sind von volksliedhafter Schlichtheit und bis heute beliebt. Wer kennt nicht die Zeilen »Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte« …